Im Zeitalter von Social Media und Videostreamingportalen, ist eine schnelle Internet Anbindung für viele auch auf See unabdingbar (oder zumindest wünschenswert). GRIB Wetterdaten per eMail über das Kurzwellenfunkgerät zu empfangen ist bereits seit Jahrzehnten möglich. Die maximale Datenübertragungsrate per Kurzwelle liegt hierbei mit aktuellen PACTOR IV Modems jedoch bei nur rund 10 kBit/s. Eine 50 kByte grosse GRIB Datei liesse sich damit im Idealfall(!) innerhalb von 40 sec herunterladen. Tatsächlich sind die Datenübertragungsraten jedoch je nach äusseren Gegebenheiten (z.B. Wetter) deutlich langsamer und die Übertragung von GRIB Daten kann mitunter viele Minuten dauern. Wenn die zu übertragende Datenmenge einige Kilobyte übersteigt, wird es entsprechend noch mühsamer.
Zum Vergleich: Die ersten Modem Modelle Anfang der 90er Jahre ermöglichten bereits eine Internetanbindung mit (theoretisch) bis zu 14.4 kBit/s. Aktuelle DSL Anschlüsse bieten gar Geschwindigkeiten jenseits der 100 Mbit/s also 100.000 kBit/s Grenze. Damit lassen sich auf dem Festland in 40 sec (erneut im Idealfall) bereits 500 Megabyte an Daten herunterladen.
Doch wie sieht es fernab des heimischen Wohnzimmers an Bord einer Yacht aus? Welche Datenübertragungsrate lässt sich hier heutzutage bestenfalls realisieren? Gibt es Mbit Verbindungen auch auf hoher See? Was kostet das ganze? Wie wird es technische realisiert? Dieser Artikel soll den derzeitigen „state-of-the-art“ beleuchten.
Die zweite Technik die neben dem Kurzwellenfunk für einen weltweit verfügbaren Internetanschluss an Bord eines Schiffes in Frage kommt, ist die Datenübertragung per Satellitenverbindung. Grundsätzlich gibt es zwei Satelittennetze die eine (fast) weltweite Abdeckung bieten: Inmarsat und Iridium.
Während Inmarsat auf ein Netzwerk aus geostationäre Satelliten in Höhe von 36000 km setzt, kommt bei Iridium ein Netz aus Satelliten zum Einsatz, die in einer Höhe von 780 km ständig um die Erde kreisen. Dies führt zu einigen Besonderheiten und Einschränkungen der jeweiligen Netze:
Inmarsat kann aufgrund der Position der Satelliten über dem Äquator die Polbereiche nicht abdecken (auch wenn die polnische Segelyacht Selma kürzlich auf 78° Süd vorgedrungen ist, dürfte dies für die meisten Segler zu verschmerzen sein). Ausserdem muss man die Antenne des Empfangsgerätes in Richtung des scheinbar still stehenden Satelliten ausrichten um eine optimale Verbindungssqualität zu erreichen.
Iridium baut auf einem Netzwerk aus Satelliten auf, deren Umlaufgeschwindigkeit um die Erde bei ca 100 min liegt. Dadurch sind sämtliche Bereiche der Erde abgedeckt und eine Ausrichtung der Antenne in Richtung eines Satelitten ist nicht notwendig. Allerdings muss bei längerer Downloads/Telefongesprächen der Satellit über den kommuniziert wird, gewechselt werden. Dies geschieht zwar voll automatisch, kann im schlimmsten Fall jedoch zu Verbindungsabbrüchen führen.
Übersicht über festinstallierte Breitband Satellitenkommunikationslösungen im Marine Bereich
Inmarsat FleetBroadband Sailor 500 | Inmarsat Fleet One | Iridium Pilot | |
Grösse | Antenne: 605 x Ø 630 mm Empfangsgerät: 42,5 x 264,5 x 273 mm |
Antenne: 291,9 x Ø 275,6 mm Empfangsgerät: 278 x 264 x 41 mm |
Antenne: 230 x Ø 570 mm Empfangsgerät: 250 x 200 x 55 mm |
Gewicht | Antenne: 16 kg Empfangsgerät: 2,5 kg |
Antenne: 3,9 kg Empfangsgerät: 2,0 kg |
Antenne: 11 kg Empfangsgerät: 1,35 kg |
Satellitennetz | Inmarsat | Inmarsat | Iridium |
Max. Geschwindigkeit | 432 kBit/s | 100 kBit/s | 134 kBit/s |
Hardware Kosten | ca. 16.000,- EUR | ca. 4.000,- EUR | ca. 5.500,- EUR |
Laufende Kosten(zzgl. MWSt.)* | Aktivierung: 63,03 USD ab 88,94 USD/Monat (inkl. 5 MByte), anschliessend 17,79 USD pro MByte (Abrechnungstakt 50 kByte) |
Aktivierung: 67,23 USD ab 63,53 USD/Monat (inkl. 10 MByte), anschliessend 6,36 USD (Home Region) bzw. 36,30 USD (Outside Home Region) pro MByte (Abrechnungstakt 20 kByte) |
Aktivierung für 0MB Plan: 300,- USD ab 0,- USD/Monat, dann 16,10 USD pro MByte (Abrechnungstakt 1 Byte). Mindestvertragslaufzeit: 12 Monate |
Bezüglich der maximal erreichbaren Geschwindigkeit liegt das Inmarsat Satellitennetz derzeit also vorn. Hier sind Übertragungsraten von bis zu 492 Kbit/s (also knapp 0.5 Mbit/s) möglich. Einen echten Mbit Internetzugang auf See sucht man derzeit noch vergeblich.
Lösungen die über das an jedem Ort verfügbare Iridium Netz kommunizieren sind derzeit noch deutlich langsamer. Allerdings steht mit Iridium NEXT bereits ein neues Netzwerk mit zusätzlichen Satelliten in den Startlöchern mit dem ab 2017 bis zu 512 kBit/s möglich sein sollen.
Die oben aufgeführten Kosten (an dieser Stelle vielen Dank an m-cramer Satellitenservices für die freundliche Auskunft) machen deutlich, dass die verfügbaren marinen Breitbandlösungen allesamt sehr hochpreisig sind. So kostet doch ein einziger heruntergeladener Film (z.B. 1 GByte = 1000 MByte) bereits viele tausend Euro.
Günstigere Lösungen mit Abstrichen
Für Freizeit-Kapitäne, die in Sachen Wasserfestheit und Toleranz von Schiffsbewegungen kompromissbereit sind und per Satellit lediglich in der Marina im Internet surfen möchten, gibt es sowohl im Iridium als auch Inmarsat Netz „low cost“ Lösungen:
Zum einen ist hier das Iridium Go für rund 900,- EUR zu nennen. Hier muss der Anwender neben einer maximalen Geschwindigkeit von 2.5 kBit/s auch die Tatsache, dass eine Kommunikation nur über ganz bestimmte Apps möglich ist in Kauf nehmen. Das Iridium Go ist lediglich dazu gedacht, Smartphones und Tablets auch Abseits von Mobilfunknetzen mit eigens dafür angebotenen Apps mit Daten zu versorgen bzw. Statusmeldungen auf Twitter oder Facebook absetzen zu können. Den gewohnten eMail Client zu nutzen oder gar mit seinen Laptop zu surfen ist mit diese Lösung nicht möglich.
Iridium Go
Inmarsat schickt mit dem iSavi Inmarsat IsatHub für einen etwas höheren Preis von rund 1350,- EUR ebenfalls einen Vertreter in dieser erschwinglicheren Klasse ins Rennen. Mit diesem Gadget ist der Aufbau eines „normalen“ WLAN Netzes möglich, mit dem sich sämtliche WLAN fähigen Geräte verbinden lassen um mit den gewohnten Programmen im Internet zu surfen oder eMails zu empfangen. Die maximale Geschwindigkeit von bis zu 384 kBit/s lässt den etwas höheren Preis im Vergleich zum Iridium Go sicher verschmerzen:
iSavi Inmarsat IsatHub
Wer eine bezahlbare Lösung für den Internetzugang fernab der Heimat sucht und sich auf den Liegeplatz im Hafen beschränken kann, sollte das iSavi von Inmarsat in Betracht ziehen…
Zu guter Letzt sei erwähnt, dass es durchaus auch Modems als Zubehör für Satellitentelefone gibt. Diese kosten um 200,- EUR und ermöglichen zusammen mit einem bereits vorhandenen Satellitentelefon den Aufbau eines WLAN bzw. LAN Netzes an Bord. Damit sind jedoch ebenso wie mit dem Iridium Go nur Übertragungsraten von wenigen kBit/s möglich, die sich auch über die Eingangs erwähnte Kurzwellenverbindung realisieren lassen.
Übersicht: http://www.groundcontrol.com
deutschsprachige Übersicht: http://www.m-cramer-shop.de bzw. http://www.expeditionstechnik.de
Auch Johannes Erdmann kämpft aktuell mit dem langsamen Internetanschluss in der Marina in der Karibik: http://www.johannes-erdmann.com/wordpress/2015/03/20/neuer-blogeintrag-auf-yacht-de-2/
Die Connect 4/2015 enthält ab S 76 einen interessanten Artikel zum Thema „Internet über Satellit“
Gute Zusammenstellung aber leider fehlt thuraya in den Betrachtungen. Ist wesentlich schneller, etwas kostengünstiger jedoch nicht überall verfügbar.
Vielen Dank für den Hinweis. Ich hätte anmerken sollen, dass Thuraya absichtlich „fehlt“. Ein Satelliten-Kommunikationssystem, das sowohl im Atlantik als auch im Pazifik Lücken aufweist, halte ich z.B. für Fahrtensegler für suboptimal 😉 http://thuraya.com/network-coverage